Das Märchen von Archie, dem Schatzsucher

Es war einmal ein kleiner Archie, der lebte am Bodensee. Er liebte es durch die Wälder zu streifen und nach Schätzen zu suchen. Eines Tages hörte er von einem prächtigen Schatz, welcher bei Rickertsweiler verborgen liegen sollte. Doch dieser Schatz war nicht leicht zu finden: Nur wer sich in der Welt der Märchen auskannte, konnte die 5 Rätsel lösen um die Schatzkiste den Tiefen des Unterholzes zu entreißen. „Ha, niemand kennt die Märchen besser als ich“, tönte Archie. So geschah es nun, dass sich unser mutiger Held an einem nebligen Oktobermorgen auf die Suche nach besagter Schatzkiste machte.

Die Bäume trugen dichte Nebelschleier und in den Spinnweben hingen die Tautropfen wie glänzende Perlen, als Archie den Wald erreichte. Kühle Luft umschmeichelte seine Nase. Es roch nach nassem Moos, Pilzen und Geheimnissen. Unser Held passierte riesige Stapel toter Baumstämme, welche die Holzmuggel hinterlassen hatten, bis er schließlich auf einen braunen kleinen Frosch traf.
„Wer bist du?“, frage Archie verwundert.
„Ich bin der Froschkönig“, antwortete der Frosch.
„Das könnte ja jeder sagen“, unser Held blieb skeptisch.
„Ich trage eine Krone, also bin ich der Froschkönig!“
Archie musterte die ledrige Haut des Frosches. Er musste sehr alt sein. Wie viele Jahre er wohl schon durch diese Wälder sprang? Seine Krone wirkte abgenutzt und war durch die Feuchtigkeit angelaufen. Kein Prunk, kein Glanz, wie man es von einer Krone erwartete.
„Was suchst du hier?“, fragte der Frosch mit quäkender Stimme.
„Den Schatz.“
Der Frosch begann zu lachen. „Du? Kleiner Wicht?“ Sein Bauch blähte sich auf, sodass er fast zur Seite kippte. „Du wirst den Schatz nicht finden, nie. Denn ich verrate dir das erste Rätsel nicht.“
„Du kennst also das Rätsel“, stellte Archie unbeirrt fest.
„Natürlich kenne ich es, ich bin der König!“ Unbeholfen sprang der Frosch auf einen nahen Baumstumpf.
„Kennst du auch die Lösung?“, wollte unser Held wissen.
Der Frosch lachte überschwänglich. „Was für eine Frage? Das ist doch selbstverständlich – wenn man das Rätsel kennt, kennt man auch die Antwort.“
„Nun, wenn du mir das Rätsel nicht verrätst, dann vielleicht die Antwort? Wenn ich den Schatz nur mit Hilfe der Rätsel finden kann, dann ist mir die Lösung deiner Frage ja eigentlich zu nichts nütze, doch sie interessiert mich.“
„Du bist ein seltsames Kerlchen“, sagte der Frosch. „Aber, nun gut, ich will dich nicht mit leeren Händen fortschicken. Die Antwort lautet: Schneewittchen.“
„Ah, dann muss ich als Nächstes einen Zwerg suchen, vielen Dank Herr Frosch!“, lachte Archie fröhlich und rannte davon.
Der Frosch lief kreidebleich an. Jetzt hatte dieser schlitzohrige Hund ihn doch tatsächlich hereingelegt. Missmutig verkroch er sich in ein Erdloch und quakte leise.

Archie sprang durch hohes Gras und musste tiefe Schlammpfützen überwinden. Sein Fell hing nass und dreckig herunter, doch all das störte ihn nicht: Denn wenn man einen Schatz sucht, darf man nicht penibel sein.
„Hey Kleiner“ rief es plötzlich aus einem Baumstumpf am Wegesrand. Ein rotbemützter Zwerg mit einer Ziehharmonika trat hervor. „Du suchst den Schatz, nehme ich an.“ Er sprach es nicht als Frage aus.
Archie nickte. „Woher weißt du das?“, wollte er wissen.
Der Zwerg lächelte. „Hier kommen nicht oft Leute vorbei, nur die Schatzsucher. Doch selten haben sie Zeit, sie eilen immer vorüber.“ Er seufzte und stimmte ein trauriges Lied auf seiner Ziehharmonika an.
„Ach, du spielst ja schön“, sagte Archie nach einer Weile. „Kannst du noch ein Lied für mich anstimmen? Ich mag so gern Musik.“
Der Zwerg lächelte froh und spielte die schönsten Melodien, die er kannte.

Die ersten Sonnenstrahlen brachen durch den Nebel als die Musik im Wald verstummte. Archie hatte die Augen geschlossen und sah noch immer die schönen Bilder, die der Klang der wundersamen Melodien vor seinen Augen gezeichnet hatte.
„Zum Dank dafür, dass du meiner Musik gelauscht hast, will ich dir verraten, wo du das nächste Rätsel findest“, sagte der Zwerg mit ehrlicher Stimme. „Such die Goldene Spindel, die Dornröschen in ihren hundertjährigen Schlaf versetzt hat, und lass sie tanzen. Dann bist du dem Schatz ein großes Stückchen näher.“
Sprach er und verschwand. Archie verweilte noch einen Augenblick und es war ihm, als hörte er das fröhliche Lachen des Zwerges aus den Tiefes des Waldes. Dann setzte er seinen Weg fort. Nie würde unser Held erfahren, welch großes Glück ihm geschehen ist. Seine Geduld wurde belohnt. Denn viele der Suchenden, die nur hastig nach dem Rätsel gefragt und nicht der schönen Musik gelauscht hatten, hat der Zwerg in die Irre geschickt, auf dass sie den Wald nie mehr verließen.

Archie fand die Spindel in der Mitte dorniger Ranken. Mühsam kämpfte er sich aus der Umklammerung des Brombeergestrüpps frei. Unser Held ließ die Spindel tanzen, so wie der Zwerg es ihm gesagt hatte. Sie schrieb nur einen Satz, dann fiel sie leblos zu Boden. „Trage die rote Kappe, sie wird dir den Weg weisen.“
Eine rote Kappe? Archie blickte sich um. Weit und breit sah er nichts dergleichen. Er legte die Spule zurück in ihr Dornengefängnis, dann folgte er einem schmalen Weg den Hügel hinunter. Der grasige Pfad war umsäumt von Pilzen, Ästen und wilden Hängen. Plötzlich stieg Archie der süßliche Geruch frisch gebackenen Kuchens in die Nase. Ein Kuchen mitten im Wald? Unser Held entdeckte im Unterholz, versteckt hinter Ästen, einen roten Fetzen Stoff. Er musste einst Rotkäppchen gehört haben, denn am ihm klebte noch der Duft der Gaben, die sie ihrer Großmutter gebracht hatte. Konnte das die Kappe sein, welche ihm den Weg weisen sollte? Auch wenn es ihm ein wenig seltsam vorkam, setze er die Kappe auf.
Das sah ziemlich albern aus, aber zum Glück wusste das unser Held nicht, denn er konnte sich ja selbst nicht sehen. Doch wie sollte ihm die Kappe weiterhelfen? Archie blickte sich um, nichts. Er grummelte leise vor sich hin. Doch dann, in weiter Ferne, sah er ein rotes Funkeln. Konnte das ein Hinweis sein? Archie machte sich auf den Weg an jene Stelle, woher das Funkeln kam.

Da hat wohl jemand seinen Schuh vergessen, kam es Archie in den Sinn, doch dann erinnerte er sich an das Märchen von Aschenputtel. Versteckt in einem bemoosten Baumstumpf lag er: Ein roter Schuh. Zwar hatte Archie immer gedacht, dass Aschenputtels Schuh golden gewesen sein, aber vielleicht hatten sich die Gebrüder Grimm einfach geirrt.
Da tauchte plötzlich der Frosch hinter ihm auf.
„So, da hast du es doch tatsächlich bis zum letzten Rätsel geschafft“, quakte er mit lauter Stimme.
Archie erschrak und wirbelte herum. „Herr Froschkönig, oh, was machen Sie denn hier?“ Es erschien ihm angemessen höflich mit dem Frosch zu sprechen, denn auf einmal wirkte jener nicht mehr so dreckig. Seine Krone strahlte im Sonnenlicht und der Frosch sah majestätisch zu unserem Held hinüber.
„Ich wollte sehen wie weit du gekommen bist, Archie. Du hast es bis hierher geschafft, somit bist du würdig den Ort zu erfahren, an welchen mein Schatz verborgen liegt“, sagte der Frosch.
„Also ging es gar nicht um Rätsel“, murmelte Archie leise.
Der Frosch lachte. „Nein, es waren meine Prüfungen. Am Anfang hast du mir bewiesen, dass du klug genug bist jemanden mit Worten auszutricksen. Beim Zwerg konnte ich sehen, dass du über Einfühlungsvermögen verfügst. Als du die Spindel aus den Dornen geholt hast, hast du mir gezeigt, dass du mutig bist. Auch scheust du dich nicht eine alberne Kappe zu tragen, dein Herz ist frei von ungesunder Eitelkeit. Und nun bist du hier, weil du über scharfe Sinne verfügst und selbst das schwächste Funkeln im Wald wahrnehmen konntest. Du hast alles, was ein Held braucht, und nun zeige ich dir den Weg zu meinem Schatz.“
Archie war glücklich, wenn gleich er sein Glück kaum fassen konnte. Er hatte alle Prüfungen bestanden, vielleicht weil er nicht gewusst hatte, dass es welche waren.

Er folgte dem Frosch und sie erreichten eine Stelle im Wald mit vielen Baumstümpfen. Natürlich wird nicht verraten an welchem davon die Schatzkiste lag, aber es sei soviel gesagt: Es lohnt sich die Prüfungen zu bestehen, denn solch einen Schatz findet man selten.

An dieser Stelle endet das Abenteuer von unserem mutigen Schatzsucher Archie. Und die Moral von der Geschicht’: „Unterschätze die kleinen Leute nicht! Nicht immer ist alles so wie es scheint.“

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Eine Antwort auf Das Märchen von Archie, dem Schatzsucher

  1. nyn schrieb:

    Huhu Archie
    Ich freue mich so sehr für Dich, dass Du dich nicht durch Eitelkeit, Hast oder Hochmut hast beirren lassen.
    Du bist einfach du selber geblieben: Schlau und geduldig, mutig, dabei wachsam…
    Den Lohn dafür hast Du auch gar nicht erwartet und vielleicht ist es tatsächlich so, dass du deshalb vom Froschkönig beschenkt wurdest.

    Wenn nur mehr Menschen wie Du wären. *Knuff*

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