Schicksalsberg: Hochgrat (4-Gipfel-Tour)

Gestern war es endlich soweit: Wir konnten unsere geplante Tour auf den Hochgrat machen! Und nicht nur das – fast 5 Stunden, 4 Gipfel, Schnee und Eis! Ein Bergerlebnis der Extraklasse, und dabei sah es am Morgen noch aus als würde alles ins Wasser fallen. Hochgrat, du Schicksalsberg!
Unsere gesamte Tour, mit Höhenprofil und weiteren Angaben, findet ihr hier: KLICK

23.10.2011, 6 Uhr: Mama wachte mit Schnupfen, Halsweh und einem allgemeinen Unwohlsein-Gefühl auf. War es das für unsere Tour? Es schien fast so, aber dann meinte Mama, dass sie nur noch ein paar Stunden mehr Schlaf bräuchte, dann würde das schon gehen. Wir wollten uns das tolle Bergsteiger-Wochenende nicht nehmen lassen! Wer weiß, wann wir wieder die Zeit und das schöne Wetter dafür hätten?

Ein paar Stunden später ging es tatsächlich los! Wir packten alles zusammen, und schon saßen wir im Auto auf dem Weg nach Oberstaufen. Ich döste noch ein wenig, in Gedanken bereits auf dem Hochgrat. Als wir uns der Nagelfluhkette näherten, sahen wir die ersten Gipfel aufblitzen. Überall lag Schnee! Die Südseiten waren zum größten Teil frei, aber für den Moment waren wir uns nicht sicher, ob wir das, was wir geplant hatten, wirklich machen konnten. Aus der Ferne ist das jedoch immer schwer einzuschätzen, man muss es am Berg sehen! Also ließen wir uns nicht aus der Ruhe bringen und fuhren weiter Richtung Hochgratbahn.
Ja, ihr lest richtig: Bergbahn! Ein Gipfelstürmer, der mit der Bahn hinauf fährt? Ist das nicht ein “geschummelter” Gipfel?
Vielleicht ein bisschen, aber unter Berücksichtigung Mamas doch angekratzter Gesundheit war es einfach die beste Lösung. Außerdem hatten wir ja noch viel mehr vor als nur den Hochgrat…
An der Talstation kauften wir uns ein Ticket (ich durfte kostenlos mitfahren), dann wurden wir mit der Gondel zur Bergstation gefahren. Mir war ziemlich unwohl! In so einer Gondel schaukelt es manchmal ganz schön… und unter einem zieht die Landschaft vorbei. Was, wenn die Gondel jetzt abstürzt? Panik! Oh Mann, bloß nicht daran denken. Ich kuschelte mich am Mama. Eigentlich wäre ich doch viel lieber gelaufen, wuff. Während der Fahrt zur Höhe bekam ich meinen schwarzen Pullover angezogen. Auch das noch – das hat mir gerade noch gefehlt! Erst ein Gipfelstürmer, der mit der Bergbahn fährt, und dann noch im Pullover! Mich würden da oben bestimmt alle auslachen. Hoffentlich sieht mich keiner.

Auf der Bergstation die Erleichterung: Es war gar nicht so kalt!
Welch ein Glück, so durfte ich den blöden Pullover wieder ausziehen. Natürlich hatte es Schnee dort oben, aber in der Sonne war es wirklich angenehm warm. Auf jeden Fall kein Pullover-Wetter. Also raus aus dem schwarzen Ding. “Oben” war ganz schön was los! Gleich an der Bergbahn saßen viele Zweibeiner und aßen in der Gaststätte. Typischer Gipfeltourismus – mit der Bergbahn rauf, einkehren, zum Gipfel laufen, vielleicht nochmal einkehren, wieder runter fahren. Zum Glück sind meine Zweibeiner nicht so!
Von der Bergstation waren es noch gut 20 Minuten bis zum Gipfel. Wir suchten uns einen der beiden möglichen Wege aus und gingen gemütlich Richtung Gipfel. Dort bot sich uns ein wunderschöner Panorama-Blick auf die verschneiten Gipfel der Allgäuer Alpen, Lechtaler Alpen, des Lechquellengebirges, Rätikon, Silvretta und der Alpsteingruppe (Säntis)! Dieser Blick war wirklich atemberaubend und ist kaum in Worte zu fassen.

An der Seite seht ihr eins der vielen Fotos, die wir gemacht haben. Mehr findet ihr in unserer Galerie zum Hochgrat. Aber es ist fast unmöglich die Schönheit eines solchen Panoramas auf einem Bild festzuhalten, man muss es einfach mit eigenen Augen gesehen haben!

Kurz vor dem Gipfel konnten wir nicht nur den Start zweier Gleitschirmflieger erleben, sondern stießen an manchen Stellen auf eine fast geschlossene Schneedecke. Das war das erste Mal, dass ich im Schnee spielen konnte! Ausgelassen flitzte ich herum und wunderte mich, als ich plötzlich einbrach. Upss, der Schnee kann ganz schön tief sein! Mühsam zog ich mich wieder heraus, aber ich war immer noch Feuer und Flamme für das weiße kalte Zeug. Einfach herrlich!
Irgendwann fiel mir wieder ein: Wir waren zum Gipfelstürmen hier, nicht zum Toben. Also weiter ging es, die letzten Meter auf den verschneiten Gipfel des Hochgrats. Und da standen wir auch schon, in 1.834 m Höhe. Der erste Gipfel des Tages – drei weitere sollten folgen!

Wie verließen den Hochgratgipfel, passierten die Bergstation und setzten unseren Weg Richtung Seelekopf, geplanter Gipfel Nummer 2, fort. Hier wurde es auch ruhiger. Während der gesamten weiteren Tour über den Grat, begegneten uns lediglich 3 anderen Wandergruppen.
Wir gingen am Grat entlang, der teilweise ziemlich schmal und steil war.
Die Beschreibung hatte nicht gelogen: Absturzgefahr! Trittsicherheit war mehr als Pflicht! Keine Tour für Hobby-Wanderer, hier musste man schon über eine gewisse Erfahrung verfügen. Aber schließlich wollten wir ja auch keinen langweiligen Sonntagsspaziergang machen, sondern Gipfelstürmen! Die Bergwelt erleben, und das geht nun mal nicht immer nur auf leichten Wegen. Wir erreichten eine Weggabelung, dort ging es wieder bergauf. Und schneller als gedacht standen wir dann auch schon auf dem Seelekopf.

Wir waren allein auf dem Gipfel, keine Menschenseele weit und breit. Hier entschieden meine Zweibeiner eine kurze Pause einzulegen. Ich spielte in den verschneiten Senken vor dem Gipfelkreuz. Dort konnte ich mich wieder richtig austoben im Schnee! Mama meinte, ich solle nicht ganz so wild machen, immerhin lag der größte Teil der Strecke noch vor uns. Aber ich hörte nicht auf sie, dieser weißen Pracht konnte ich einfach nicht widerstehen.

Wir verließen den Seelekopf, weiter ging es zum Hohenfluhalpkopf. Felsige raue Passagen wechselten sich mit waldiger Gratlandschaft ab. In der Sonne war der Schnee komplett weggeschmolzen, hier mussten wir uns durch schlammigen Boden kämpfen.
An den steilen Hängen lernte ich etwas “Neues” kennen: Eisenkrampen. Diese Stege sind in den Fels geschlagen und dienen den Zweibeinern als Aufstiegshilfe. Mir kam das ja am Anfang ein wenig seltsam vor. Irgendwie traute ich diesen Dingern nicht und wählte doch lieber den schweren Weg am Hang. Leider stieß ich hier bald an meine Grenzen: Ich bin zwar ein Leichtgewicht und wendig, aber an einer fast geraden Wand ohne Absätze kann ich auch nicht hinauf springen. Also musste ich diese Eisenkrampen benutzen, es half alles nichts! Schwupps, schon stand ich auf einer und sprang zur nächsten. Hey, das ging ja super leicht! Wieder was gelernt. Und schon war ich vorne dran und immer schneller an den Absätzen oben als meine Zweibeiner.

Es war wirklich ein wunderschönes Wetter! Am Morgen sind wir in der nebligen Suppe des Bodensees losgefahren, nun standen wir auf dem sonnigen Grat der Nagelfluhkette. Mama zog sogar ihre dicke Jacke aus. Ich war mehr als froh, dass ich den blöden Pullover nicht tragen musste und genoss das Sonnenlicht und den frischen Wind, der durch mein Fell wehte. Es ist unbeschreiblich schön ein Bergsteiger zu sein! Man sieht die Welt von oben. Bei klarem Wetter hat man einen weiten Blick auf ein endlos wirkendes Bergpanorama. Wir konnten sogar den Bodensee sehen.
So sehr wie ich Wälder und Felder liebe, aber nichts geht über die Berge! Ich möchte mit keinem Chihuahua dieser Welt tauschen, ganz egal wer sein Frauchen ist oder wo er lebt. Ich kann mir nicht vorstellen irgendwo anders glücklich zu werden als genau hier: Auf den Gipfeln! Es ist nicht immer leicht sie zu erstürmen, aber es ist jedes mal ein Abenteuer. Danke an meine Zweibeiner, dass ihr mir das ermöglicht! Ich, ein kleiner Hund, auf den Dächern der Erde.

Nach einer guten Stunde nahmen wir den Hohenfluhalpkopf als dritten Gipfel des Tages mit. Er war nicht ganz so spektakulär, aber eine nette kleine Zwischenstation. Die Sonne stand bereits tiefer. Da wir recht spät unsere Wanderung begonnen hatten, würden wir das Tal erst nach Sonnenuntergang erreichen. Am Hohenfluhalpkopf hatten wir noch nicht mal die Hälfte des Weges geschafft!

Aber daran dachten wir natürlich nicht. Wenn man schon 2 Stunden gegangen ist und sich bewusst wird, dass man mehr als nochmal so viel vor sich hat, wirkt das wenig motivierend. Nein, lieber nach vorne zum nächsten Gipfel blicken! Oder auf das, was man schon geschafft hat. Im Bild unten seht ihr den Hochgrat aus der Ferne. Da könnte ihr ungefähr abschätzen, wie weit wir schon gegangen sind.

Nächste Station: Eineguntkopf!
Leider schon der letzte Gipfel des Tages. Also wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir ruhig noch den Falken machen können. Aber nicht nur meine Zweibeiner wären wohl dann an ihre Grenzen gekommen, das Tageslicht auch. 4 Gipfel an einem Nachmittag sind jedoch auch keine schlechte Bilanz, oder was meint ihr?
Vor dem eigentlichen Gipfel stiegen meine Zweibeiner und ich zur Rohnehöhe hinauf. Das war eine felsige Erhebung, die einen weiten Blick über das Land bot. Danach machten wir eine längere Pause und stärkten uns. Ich bekam einen Bananenknochen, meine Zweibeiner aßen jeweils einen Apfel und ein Salamibrot.
Langsam wurde es kühler und ich müde. Am Eineguntkopf machten wir ein leicht verschlafenes Gipfelbild von mir. Unser nächstes Ziel war die Falkenhütte, von dort aus wollten wir zur Schneeloch Alpe absteigen. Wir hatten nun gut die Hälfte geschafft. Natürlich duften wir jetzt keine Müdigkeit vortäuscht, wenn wir noch vor Einbruch der Nacht an unserem Auto im Tal sein wollten.

Den Rest werde ich jetzt etwas schneller erzählen, sonst wird das ja ein Roman hier!
Der Abstieg zur Falkenhütte, erwies sich als schwierig. Der Weg war vom Schnee total aufgeweicht, schlammig und glatt. Wir mussten kompliziert über die Wiese (viele Löcher, von Kühen zertreten) absteigen. Kaum hatten wir die Hütte passiert, merkte auch ich die Kälte der nahen Nacht. Der Sonnenuntergang war nicht mehr fern. In diesem Augenblick war ich doch heilfroh, dass Mama den blöden Pullover für mich dabei hatte. Diesmal ließ ich ihn mir sehr gern anziehen. An der Oberstieg Alpe Verwirrung: Der Wegweise zeigt in zwei Richtungen zum Tal. Wir hielten uns an unserem Tourenplan, auch wenn dieser Weg als der längere ausgeschildert war. Ab hier gingen wir einer geteerten Straße entlang zum Tal.
Gegen 19 Uhr erreichten wir schließlich die Talstation der Hochgratbahn, wo auch unser Auto stand. Glücklich und angenehm müde fuhren wir nach Hause. Aus der Ferne sahen wir die Lichter der Hochgratbahn. Die Pfosten der Bergbahn waren beleuchtet und wirkten in der Dunkelheit wie eine Leiter zum Himmel. Und dort waren wir nur weniger Stunden vorher gewesen: Dem Himmel so nah! Was für ein schöner Bergtag. Euer Gipfelstürmer Archie

Weitere tolle Bilder zu unserer Tour findet ihr hier: *klick*

Kategorie: Gipfelstürmen, Hundeleben. Lesezeichen Permalink.

5 Antworten auf Schicksalsberg: Hochgrat (4-Gipfel-Tour)

  1. nyn schrieb:

    Huhu Archie!
    Es freut mich ungemein, dass Du den Hochgrat jetzt erstürmen konntest.
    Danke für deinen tollen Bericht und die stimmungsvollen Bilder. Es ist immer wieder sooo erfrischend, deine Sichtweise/n zu erfahren. Wir Zweibeiner sind für Manches vergleichsweise ja fast wie taub und blind…
    Bin schon gespannt auf deine nächsten Abenteuer.

    • Archie schrieb:

      Danke für das Lob, Nyn! :)

      Oh ja, wir Hunde nehmen so manches mehr oder anders wahr als ihr Zweibeiner.
      Und ich bin auch schon gespannt auf unser nächstes Abenteuer! Ich sag nur: Hoher Ifen! ;)

  2. Nero & Murphy schrieb:

    Hui Archie!
    So weit hinauf wart ihr, Respekt! Unsere Leute sind absolute Flachlandratten – Hanne kriegst Du nicht mit zehn Pferden irgendwo “rauf” (naja, wenn ihr schon düselich wird, wenn sie nur auf einer Leiter steht…). Umso spannender finden wir daher Deinen Bericht :-D
    LG und Wuff, Nero & Murphy

    • Archie schrieb:

      Hallo Nero & Murphy,
      danke für eure lieben Worte! *wuff*

      Och das ist ja schade, dass eure Zweibeiner es nicht so mit der Höhe haben. Das kann ich gar nicht verstehen, ist doch so schön da “oben”. Aber dafür erlebt ihr ja im Flachland eine Menge toller Sachen.
      Da ihr nicht in die Berge könnt, werde ich für euch nun immer die schönsten Bilder von dort mitbringen. ;)

      Liebe Grüße vom Gipfelstürmer Archie

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