Mit dem Gipfelstürmen hatten wir dieses Jahr bisher nur Pech – entweder war das Wetter überraschend schlecht, jemand krank oder es kamen 100.000 andere Dinge dazwischen. Nie klappte es mit den Touren… bis gestern!
Auch diese Saison bleiben wir natürlich unserem Ruf als “Nachmittagsbergsteiger” treu und so startete unsere Fahrt nach Österreich am späten Mittag, wenn manche Bergsteiger bereits beim Abstieg sind.
Aber uns macht das nichts, wir schlafen gern aus, außerdem ist das Licht kurz vor Sonnenuntergang eh am schönsten, und überhaupt ist dann nichts mehr los und man kann in Ruhe die Bergwelt genießen. Zugegeben, manchmal geht uns das Tageslicht früher aus als gedacht, doch bisher sind wir immer “unten” angekommen (wenn auch in völliger Dunkelheit wie am Hochgrat).
Ich war richtig aufgeregt!
Als Frauchen viele Leckerlis einpackte, ahnte ich schon, dass wir heute eine lange Tour machen. Im Auto musste ich dann hinten sitzen, toll. In meiner Autobox, super. Aus Protest habe ich kurz nach der Abfahrt versucht die Box zu zerstören – keine Chance, Frauchen hört und sieht alles. Schon gab es Schimpfe, die halbe Fahrt habe ich dann geschmollt. Mann, dabei schaue ich so gern aus dem Fenster! In der blöden Box geht das nicht, Gemeinheit.
Irgendwann hörte ich von Vorne Gefluche. Ich wachte auf, wir standen im Stau! Unsere Zeitplanung war damit hinfällig und plötzlich fanden wir es doch nicht mehr so gut, dass wir immer erst spät ins Gebirge fahren. Unser Ziel war übrigens Damüls, wir wollten auf den Hochrohkopf. Kurz vor Lindau ging aber gar nichts mehr. Die Autobahn war dicht, Menschen stiegen aus ihren Autos aus und uns beschlich das ungute Gefühl, dass uns heute wieder das Tageslicht am Berg ausgehen könnte.
Geschlagene 45 Minuten ließen wir am Ende im Stau. Irgendwann konnte wir abfahren, aber mussten einen Umweg nach Damüls nehmen, der uns eine weitere Stunde kostete. Aus einer geplanten Autofahrt von 2 Stunden wurden nun 4.
Nicht mehr ganz so fröhlich, aber weiterhin hochmotiviert kamen wir auf dem Parkplatz unterhalb der Alpe Porla an. Wie beschwerlich und ärgerlich die Anfahrt auch ist, der Blick, der sich bereits nach wenigen Minuten bot, macht alles wieder wett. Kühen weiden auf den Hängen, Berge türmen sich zu Gebirgen auf, frische Luft durchweht Haare und Fell. An diesem Fleckchen Erde scheint die Welt noch in “Ordnung” zu sein. Die Gipfel, das Tal, die Alpe – wie sind nicht das erste mal hier. Ja, wir sind zurück und irgendwie fühle ich mich Zuhause.
Aus dem Brunnen der Alpe Portla nahm ich noch einen kühlen Schluck Wasser, dann ging es richtig los. Das erste Stück des Weges kannte ich nur zu gut – die Weide hinauf bis zum Wegweiser. Von dort hatten wir bereits Portlahorn und Sünser Spitze erstürmt, heute stand der dritte Weg, in dessen Richtung der Wegweiser zeigt, auf dem Programm.
Neue Wege gehe ich immer besonders gern. Auf dem Foto könnt ihr unseren Gipfel erkennen – ganz hinten ist der Hochrohkopf.
Leider sieht man auch sein größtes Problem: Gestrüpp.
Im Wanderführer war von ein paar “störenden Flechten” die Rede, doch diese konnte man aufgrund der meterhohen Farne, Bergrosen und Heidenbeerkraut überhaupt nicht erkennen. Einen Weg gab es nicht. Ab und zu folgten wir Pfadspuren, die sich irgendwann in der Landschaft auflösten.
An ein paar Stellen mussten wir sogar klettern, dort halfen mir die Zweibeiner weiter und trugen mich ein Stück. Eigentlich mag ich es nicht, wenn ich getragen werde… aber hier war wirklich kein Durch- und Weiterkommen für mich. Manche Sträucher waren höher als Frauchen, ständig tappten wir ins “nichts”. Der Boden war so dicht bewachsen, dass man nur erahnen konnte, wohin man trat.
Irgendwann konnte uns auch die schöne Aussicht nicht mehr trösten.
Zweifellos bot sich ein Pflanzenteppich aus wunderschönen Blumen vor unseren Augen, doch zum Bergsteigen war das nichts. Wir versuchten am Grat entlang zu gehen, aber mussten aufgeben. Zu dicht bewachsen, zu gefährlich. Keine Spuren mehr.
Wir stiegen ab und überlegten den Gipfel von der anderen Seite zu erstürmen. Je näher wir kamen, desto klarer wurde uns, dass auch dies keine gute Idee war. Heidelbeerkraut und Gestrüpp wohin man sah. Vielleicht würden wir es nach oben schaffen, aber diesen Weg ohne entsprechende Ausrüstung wieder nach unten? Nein. Zu gefährlich.
Enttäuschung machte sich breit. Waren wir 4 Stunden hierher gefahren um nun mit leeren “Gipfelhänden” nach Hause zu gehen? Niemals! Heute musste noch ein Gipfel erstürmt werden… und schnell wurde uns klar, welcher: Der Portlakopf.
Wieder kämpften wir uns durch das Gestrüpp, was sich vor allem kurz vor Schluss nochmal von seiner besonders ekligen Seite zeigte.
Irgendwann erreichten wir erneut den Wegweiser. Wir waren überglücklich und blickten hinauf zum Portlakopf, dessen Gipfelkreuz uns näher und näher lockte. Doch dann geschah es: Ich ging verloren.
Zwischen Himbeersträuchern und Weg sah ich plötzlich meine Zweibeiner nicht mehr. Ich hörte Frauchen rufen, konnte aber nicht erkennen wohin ich gehen sollte. Ich setze mich hin und nach einer Weile wurde ich endlich abgeholt. Also ehrlich, Frauchen, gibt auf dein Söhnchen mal etwas besser Acht!
Vielleicht fragt ihr euch, ob uns wieder das Tageslicht ausging. Ja, tat es. Zumindest ein bisschen, denn die Sonne war fast hinter den Bergen versunken. Doch so bot sich uns wieder der atemberaubende Blick auf die Berge im letzten Abendlicht.
Schöner als gemalt.
Der Portlakopf war nah. Wir erstürmten den 1.905 m hohen Gipfel mit Leichtigkeit. Der Ausblick und die Abendstimmung war wunderschön. Schnell hatten wir den Ärger am Hochrohkopf vergessen.
Natürlich gab es oben ein Gipfelbild, auch wenn ich mir diesmal sehr wie Simba aus dem König der Löwen vorkomme, der Anfang des Filmes als Baby vor aller Tierwelt in die Höhe gehoben wird.
Wir trugen uns ins Gipfelbuch ein und verschnauften einen Augenblick. Dann brachen wir auf, um noch mit dem letzten Licht des Tages sicher an unser Auto zu kommen.
Der Abstieg ging zügig. Alles verlief nach Plan und so rückte die Alpe Portla mit jedem Schritt näher. Unten trank ich wieder einen kräftigen Schluck aus dem Brunnen, die Wirtsleute schauten durch ein Fenster zu uns hinüber. Wir lächelten und grüßten freundlich, dann folgten wir den Weg zurück zu unserem Auto. In Gedanken noch völlig versunken in der wunderschönen Bergwelt, fuhren wir nach Pfullendorf.
Ich musste an Harry Potter denken: Ich fahre nicht nach Hause, nicht wirklich…
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